Abstract:

Klassische myoelektrische Steuerkonzepte für aktive Prothesen der oberen Extremitäten nutzen typischerweise ein oder zwei Elektroden am Unterarm. Der Wechsel zu fortschrittli- chen Ansätzen auf Basis der Mustererkennung erfordern für eine gute Klassifizierungsrate der Handgesten eine erhöhte Elektrodenanzahl. Gleichzeitig ist jedoch der verfügbare Bau- raum im Prothesenschaft stark limitiert. Da der Fokus bisheriger Veröffentlichungen zu einem Großteil auf der Erforschung leistungsstarker Merkmale und Algorithmen für die Mustererkennung liegt, soll mit dieser Arbeit eine quantitative Analyse des für die Klassen- unterscheidung notwendigen Informationsgehalts der EMG-Signale in Abhängigkeit von der Elektrodenanzahl durchgeführt werden. Dazu wurde an gesunden, nicht-amputierten Probanden ein Experiment mit 15 unterschied- lichen Handgesten durchgeführt. Das EMG wurde mit 16 Bipolarelektroden am Unterarm aufgezeichnet. Die Leistung des Merkmalsraums mit fünf Zeitbereich-Merkmalen wurde nach einer Dimensionsreduktion durch PCA, LDA und mRMR durch die Bestimmung der Klassentrennbarkeit mit drei Cluster-Metriken bewertet. In diesem Zuge wurde eine Modifi- kation des Davies-Bouldin Index vorgeschlagen, um die Aussagekraft für nicht-sphärische Cluster zu verbessern. Dazu wird für die Klassentrennung nicht-relevante Varianz innerhalb der Cluster durch Projektion der Datenpunkte aus der Indexberechnung ausgeschlossen. Die Bewertung wurde für alle möglichen Kombinationen der 16 Elektroden durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen einen deutlich Anstieg der Klassentrennbarkeit, wenn die Elektroden- anzahl bis auf vier erhöht wird, mit weiteren Anstiegen um 20% bis 25% bei Nutzung von acht und zwölf Elektroden. Darüber hinaus ist der Zugewinn vernachlässigbar. Weiterhin ist in den Ergebnissen deutlich zu sehen, dass die Klassentrennbarkeit selbst bei Nutzung von acht und mehr EMG-Kanälen stark durch die genaue Positionierung der Elektroden beeinflusst wird.